16 Jul 2024

Kautionsabrechnung und Rechtssicherheit?

0 Kommentare

In seinem Urteil vom 10.07.2024 hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes eine neue Entscheidung zur Kautionsabrechnung durch den Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses gefällt.

Im vorliegenden Mietrechtsstreit war die Klägerin ausgezogen und hatte am 08.11.2019 die Wohnung zurückgegeben. Am 20.05.2020, also mehr als sechs Monate später, rechnete der Vermieter die Kaution ab, erklärte die Aufrechnung mit – streitigen – Schadenersatzansprüchen wegen Beschädigung der Mietsache und behielt die Kaution ein. Die ehemalige Mieterin klagte auf Auskehr und bekam in beiden Vorinstanzen Recht.

Der Bundesgerichtshof folgte diesen Entscheidungen nicht und verwies die Sache erneut an das Berufungsgericht.

Bislang war § 548 BGB für beide Parteien eigentlich rechtssicher. Die Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderung oder Verschlechterung der Mietsache verjähren in sechs Monaten; die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Vermieter die Mietsache zurückerhält. Damit konnten beide Seiten genau nachrechnen, bis wann sie die Ansprüche aufmachen bzw. wann sie die Kaution zurückverlangten.

In einer nicht ganz einfachen juristischen Konstruktion hat der BGH jetzt darauf abgestellt, dass eine Barkaution eine Geldforderung ist und im Gegensatz dazu der Anspruch auf Schadenersatz wegen Beschädigung der Mietsache ein Anspruch auf Naturalrestitution (Beseitigung durch den Mieter im weitestgehenden Sinne). Diese beiden Forderungen sind nicht aufrechenbar. Wenn der Vermieter isoliert innerhalb der sechs Monate den Mieter aufgefordert hätte, zu beseitigen, hätte der Mieter daran kein Interesse gehabt (weil er ja hätte etwas machen sollen). Diesen Schritt bezeichnete der BGH als lediglich formalen Schritt, der nach der jetzigen Rechtsprechung des Senats nicht in jedem Fall innerhalb der kurzen Verjährungsfrist zu erfolgen hat. Der BGH stellt dann seine Rechtsauffassung so dar, dass die Aufrechnung des Vermieters nicht an der Verjährung scheitert (obwohl sie mehr als sechs Monate nach Kenntnis vom Zustand der Mietsache erfolgt ist) und sich das Berufungsgericht jetzt damit beschäftigen muss, ob die Schadenersatzansprüche zu recht bestehen oder nicht. Die vom Mieter gestellte Barkaution soll gerade der (einfachen) Befriedigung der Ansprüche des Vermieters dienen, so der BGH.

Es ist davon auszugehen, dass der Bundesgerichtshof hier wohl mehr Unsicherheit geschaffen hat als Klarstellung. Aufgrund der Zurückverweisung steht das tatsächliche Ende des Rechtsstreites noch nicht fest, hier wird in der Urteilsbegründung detailliert nachgelesen werden müssen.

Mit diesem neuen Urteil wird es nun so sein, dass ein Vermieter auch nach mehr als sechs Kalendermonaten eine Verrechnung erklären kann und damit jetzt vielleicht mehr „Rückdeckung“ von den Instanzengerichten erhält. Ob damit mehr Rechtssicherheit sowohl für die Vermieter- als auch für die Mieterseite bewirkt wird, bleibt abzuwarten.

BGH, Urteil vom 10.07.2024, VIII ZR 184/23

[zum Anfang]
Über den Autor